Die EN ISO 9001: Revision 2000
Auf der Grundlage der EN ISO 9001 haben in Deutschland bereits zehntausende Organisationen ihr QM-System entwickelt und zertifizieren lassen.

Zunehmende Verbreitung findet das Modell auch im Gesundheitssektor; hier sind es vor allem Krankenhäuser aber auch immer mehr Arztpraxen, welche das Modell als Ausgangspunkt ihres spezifischen QM-Systems nehmen.

Das unten abgebildete Modell entspricht dem letzten Revisionsstandand aus dem Jahr 2000 und soll im Folgenden kurz erläutert werden:

Das Grundmodell der EN ISO 9001

Leitbild des Modells: Qualitätsmanagement ist ein dynamischer Prozess, bei dem man sich nicht mit dem einmal erreichten Qualitätsniveau zufrieden gibt, sondern dieses methodengestützt und systematisch weiterentwickelt (kontinuierliche Verbesserung des QM-Systems).

Verantwortung der Leitung - oder: "Qualität beginnt im Kopf": Die Praxisleitung muss das QM-System hauptverantwortlich entwickeln, spezifische Qualitätsgrundsätze und messbare Qualitätsziele erarbeiten, die Qualitätspolitik den Mitarbeitern kommunizieren und aktiv "vorleben", Ressourcen planen und bereitstellen, einen QM-Beauftragten benennen, Qualitätsaufzeichnungen führen, das installierte System regelmäßig auf Stärken und Schwächen analysieren (sog. "Management Review") usw.

Erfahrungsgemäß sind solche QM-Systeme zum Scheitern verurteilt, bei denen die Leitung diese Vorbildfunktion nicht oder nur halbherzig wahrnimmt.

Das installierte QM-System ist zu dokumentieren - Dokumentationsstruktur

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Ressourcenmanagement: Zu unterscheiden ist hier zwischen Sach- und Personalressourcen.

Sachressourcen umfassen in der ärztlichen Praxis insbesondere diagnostische und therapeutische Geräte. Die Norm fordert u.a. Regeln für einen sachgerechten Umgang (Handhabung, Lagerung, Wartung, Aussonderung) mit diesen Geräten und Hilfsmitteln. Alle Geräte mit denen genaue Messungen durchgeführt werden (sog. "Messmittel") müssen regelmäßig kalibriert werden (s.a. Medizingerätegesetz, Herstellerangaben).

Ein besonderer Stellenwert kommt in einem Dienstleistungsunternehmen naturgemäß der Ressource "Personal" zu. Im Hinblick auf diesen zentralen Erfolgsfaktor sind Maßnahmen einzusetzen, welche Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen und Motivation aller Mitarbeiter/innen in Übereinstimmung mit den Praxisanforderungen und damit auch den Patientenerwartungen bringen. Diese "Mitarbeiterorientierung" im Rahmen der Praxisführung muss durch ein ausgewogenes Personalentwicklungskonzept sichergestellt werden.

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Dienstleistungsrealisation: Dieses Kapitel hat aufgrund der unmittelbaren Beeinflussung der Patientenzufriedenheit eine zentrale Bedeutung. Im Kern geht es hier um die Umsetzung der Patientenanforderungen durch die wesentlichen "Geschäftsprozesse" der Praxis.

Die Norm fordert eine systematische Ermittlung der Patientenanforderungen vor Beginn der Leistungserbringung. Eine sorgfältige (nachvollziehbare) Diagnose ist hier natürlich der erste und wichtigste Baustein, da sich hieraus die medizinischen Anforderungen und Erwartungen des Patienten an die Kernleistung (Therapie) ableiten. Am Ende dieses Prozesses sollte i.S. der Norm die "Machbarkeit" des sich anschließenden therapeutischen Prozesses bewertet werden. Diese Schnittstelle mündet entweder in einer Besprechung mit dem Patienten in Verbindung mit einer Therapieplanung und/oder einer Überweisung. Die genaue Definition dieser Schnittstelle ist sowohl für Patienten wie auch für die Kostenträger von besonderer Relevanz. Darüber hinaus sollten differenzierte und wiederkehrende Patientenbefragungen durchgeführt werden. Ein allgemeines Anforderungsmodell ist "EILA", welches "Empathie", "Information", "Leistung" sowie "Ausstattung" als die 4 Hauptanforderungskategorien herausstellt.

Die Geschäftsprozesse beschreiben den Ablauf/das Entstehen von Qualität und sollen damit Antwort auf die Frage geben, wie Qualität erreicht wird. In der folgenden Abbildung ist die Grundstruktur eines solchen Prozesses verdeutlicht. Eine Darstellung und Erläuterung aller relevanten Prozessmerkmale können Sie hier einsehen.

Wesentliche Prozesse sind in Form von sog. "Verfahrensanweisungen" zu dokumentieren. Die Auswahl der zu beschreibenden Prozesse ist im Prinzip jeder Praxis selbst überlassen. Eine Möglichkeit der Systematisierung von Praxisprozessen können Sie hier einsehen. Sinnvoll ist auf jeden Fall die Beschreibung von therapeutischen Schwerpunkten sowie allgemein von relativ häufigen und komplexen Verfahren. Auch die Dokumentation (und Analyse) einzelner "Infrastrukturprozesse" (z.B. Leistungsabrechnung) sollte erwogen werden. Sollten in Zukunft für einzelne diagnostische und therapeutische Prozesse allgemeinverbindliche "Leitlinien" aufgestellt werden (z.B. wie in den Niederlanden), so wären dies wesentliche sog. "mitgeltende Unterlagen" zu prozessorientierten Verfahrensanweisungen.

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Messung, Analyse und Verbesserung:
rot5.jpg (532 Byte) Das installierte QM-System ist kontinuierlich auf Stärken und Schwächen zu analysieren. I.d.R. erfolgt dies einmal jährlich durch ein entsprechendes "internes Audit". Auf der Grundlage einer vorherigen Auswertung von Daten, sollten hier entsprechende Auditschwerpunkte gesetzt werden. Erkannte Schwachstellen müssen abgestellt werden.
rot5.jpg (532 Byte) Insgesamt folgt dieses Kapitel der EN ISO 9001 der "Qualitätsphilosophie" des sog. "PDCA-Cycle" nach Walter A. Deming (siehe Abb. rechts). Hiernach ist ein Qualitätskreislauf zu installieren, der aus 4 Schritten besteht:

Plan: Die Verbesserungsmaßnahme ist zu planen (wer macht was bis wann unter Einsatz welcher Ressourcen?)

Do: Probeweise Einführung der Verbesserungsmaßnahme

Check: Überprüfung der Wirksamkeit der Verbesserungsmaßnahme und ggf. Modifikation

Act: Anwendung der neuen Regel als Standard und Planung weiterer Verbesserungsmaßnahmen.

rot5.jpg (532 Byte) Was konkret gemessen wird, ist abhängig von den unter Kapitel 1 (Verantwortung der Leitung) formulierten Praxiszielen. Im Kern geht es hier natürlich um die Verbesserung der Patientenzufriedenheit. Hiermit zusammenhängend sollte die Qualität einzelner (wichtiger) Prozesse, Mitarbeiterzufriedenheit und nicht zuletzt die wirtschaftliche Praxisentwicklung auf dem Prüfstand stehen.

rot5.jpg (532 Byte) Die Suche nach wirkungsvollen Verbesserungen kann unterstützt werden durch die Installation eines Verbesserungswesens (unter Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Patienten) sowie durch ein sog. "Benchmarking". Die Suche nach präventiven Verbesserungen (sog. "Vorbeugungsmaßnahmen") ist zu unterscheiden von sog. "Korrekturmaßnahmen", bei denen auf einen tatsächlich aufgetretenen Fehler reagiert wird.

rot5.jpg (532 Byte) Insgesamt wird das "Verbesserungsklima" (Bereitschaft zu Verbesserungen und Akzeptanz von Verbesserungen) durch Teamarbeit begünstigt. In praxisinternen, aber auch praxisübergreifenden Gruppen kann systematisch, d.h. unter Einsatz entsprechender "Qualitätsstechniken", an Verbesserungsmaßnahmen gearbeitet werden.

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FAZIT:

Insgesamt zeigt sich die "neue EN ISO 9001" als offenes QM-Modell, welches ohne weiteres auf die Bedürfnisse des Gesundheitswesens im Allgemeinen und der ärztlichen Praxis im Besonderen anpassbar ist. Die Schwerpunkte liegen auf den Prinzipien "Patienten-", "Mitarbeiter-" und "Ergebnisorientierung". Der "Schlüssel" für die "Öffnung" diesbezüglicher Verbesserungspotenziale liegt in den Prozessen! Damit ist das QM-Modell der Norm kaum mehr von einem "Total Quality Management (TQM)" Ansatz zu unterscheiden.

 

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